Berlin wird werbefrei!
Spannendes tut sich in Berlin. Ein Volksbegehren zur Regulierung des Werbemarkts schickt sich an, die Stadt ihren Bürgern wiederzugeben. Das Ziel: Verbot von Außenwerbung. Einzige Ausnahmen: lokale Veranstaltungen und Non-Profit-Ansinnen.
Was wie ein konsumkritischer Coup d’État klingt, hat Sinn und Vorbilder. Die brasilianische Stadt Sao Paulo verbot vor einigen Jahren jegliche Außenwerbung. Das Ergebnis war für das Stadtklima weit positiver als ein Dieselverbot. Denn Werbe-Smog gehört zu den Umweltbelastungen, die bisher nicht diskutiert wurden. 2500 Konsumanreize sieht ein Berliner täglich – entwickelt mit Hilfe neurowissenschaftlicher Methoden. Das wirkt unterbewusst und nachhaltig; was das mit unseren Gehirnen macht, fragt sich niemand. Dabei ist das nicht nur ästhetische Umweltverschmutzung, sondern ein übergriffiger Spießrutenlauf, den jeder Bürger täglich ertragen muss.
Man muss sich nicht als konsumkritische Werbeagentur sehen wie wir, um dieses Vorhaben zu unterstützen. Die Zeiten sind vorbei, in denen Menschen widerstandslose „Zielgruppen“ der Wirtschaft waren und einfach als „Konsumenten“ gesehen wurden. Mit etwas Glück wird das Volksbegehren deshalb ein Erfolg werden.
Sie werden niemandem fehlen: Die Plakate, die uns neue, zuckerstrotzende Bio-Limonaden anpreisen oder verbesserte Dieselautos als Ersatz für die manipulierten alten. Die sexistischen Dessous-Models an den Kreuzungen, die man seinen Kindern nicht erklären kann. Die unwirkliche Werbesprache, die von uns ständig verlangt „Jetzt bestellen und Rabatt sichern“.
Der Blick wird frei werden für die Stadt, in der wir leben – auf Straßenfluchten statt auf Blow-Ups, auf Menschen statt auf Citylights, auf die Schönheit und die Hässlichkeit und auf den Himmel über Berlin.
Das Volksbegehen ist derzeit in der Phase der Unterschriftensammlung. Weitere Informationen und die Möglichkeit zu unterschreiben unter: berlin-werbefrei.de