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Warum die Sonntagsfrage zur Bundestagswahl nicht mehr reicht

Trügerisch und falsch. Warum die Sonntagsfrage und überhaupt jede Wahlumfrage und Umfragen zur Bundestagswahl 2025 nicht mehr stimmen.

Trügerisch: Umfragen zur Bundestagswahl 2025. Weshalb Deutschlandtrend, Infratest Dimap und viele andere Institute bei Wahlumfragen falsch liegen könnten.

Kaum eine Frage spiegelt den Puls der politischen Landschaft so unmittelbar wider wie die „Sonntagsfrage“: „Wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, wen würden Sie wählen?“ Sie liefert seit Jahrzehnten Schlagzeilen und beeinflusst die Strategien der Parteien – ein scheinbar simples Instrument, das jedoch die tiefen Gräben und Dynamiken innerhalb der Gesellschaft offenlegt. Doch die Kritik an ihr wird lauter. Zu statisch, zu ungenau und zu manipulierend – die klassische Demoskopie steht zunehmend in der Kritik. Gibt sie noch ausreichend korrekte Auskunft über Wahlberechtigte und Prozentpunkt im Bundestag? Prognosemärkte wie Polymarket oder PredictIt scheinen neue Wege aufzuzeigen, doch auch sie bringen Herausforderungen mit sich. Die Bundestagswahl 2025, in der unter anderem Olaf Scholz als amtierender Kanzeler für die SPD und Friedrich Merz für die CDU antreten, könnte zur entscheidenden Testphase werden, in der sich zeigt, ob innovative Methoden die bisherigen Umfragen zur Bundestagswahl ablösen können.

Die Krise der Sonntagsfrage bei der Bundestagswahl

Die Probleme klassischer Wahlumfragen, wie sie etwa durch Infratest dimap oder die Forschungsgruppe Wahlen erstellt werden, sind mittlerweile gut dokumentiert. Besonders bei den US-Präsidentschaftswahlen 2016 und 2020 zeigten sie deutliche Schwächen. „Das Problem liegt nicht nur in der Methodik, sondern auch in der Erreichbarkeit bestimmter Bevölkerungsgruppen“, erklärt Dr. Clara Neumann, Expertin für Wahlforschung. Junge Menschen, digitale Zielgruppen und politisch enttäuschte Wähler bleiben in klassischen Befragungen oft ungehört. Diese Defizite führen nicht selten dazu, dass polarisierende Kandidaten wie Donald Trump oder das Bündnis Sahra Wagenknecht unterschätzt werden.

Ein weiteres Problem ist die sogenannte soziale Erwünschtheit: Befragte geben Antworten, die gesellschaftlich akzeptiert erscheinen, nicht aber ihre wahren Ansichten widerspiegeln. Ein Beispiel hierfür ist die unterschätzte Zustimmung zur AfD in den letzten Wahlen, bei denen viele Wähler in Umfragen ihre tatsächliche Präferenz nicht äußerten, aus Angst vor sozialer Stigmatisierung. Diese Diskrepanz zwischen Umfrageergebnissen und Wahlergebnissen wirft Fragen nach der Zuverlässigkeit klassischer Methoden auf. In Deutschland fällt dies besonders bei Themen wie Migration oder bei der Zustimmung zur AfD ins Gewicht. Christian Lindner von der FDP hat beispielsweise wiederholt betont, wie wichtig es sei, dass wirtschaftsliberale Positionen klar kommuniziert werden, um falsche Erwartungen bei den Wählern zu vermeiden. Hinzu kommen methodische Verzögerungen: „Die Dynamik moderner Wahlkämpfe, besonders in den sozialen Medien, wird durch klassische Erhebungszyklen oft nicht adäquat abgebildet“, kritisiert Martin Feldmann, Analyst für politische Kommunikation.

Ein hybrider Ansatz als Zukunft von Deutschlandtrend und „Wenn Sonntag Bundestagswahl wäre“?

Die Kombination klassischer Wählerforschung mit neuen Methoden könnte der Schlüssel zur Zukunft der Wahlvorhersagen sein. „Ein hybrider Ansatz ist die Zukunft“, sagt Stefan Mannes, Geschäftsführer von kakoii Berlin. Dabei geht es darum, die Stärken klassischer Umfragen – etwa die detaillierte demografische Analyse – mit den Vorteilen digitaler Prognosemärkte zu kombinieren, die schnell und flexibel auf aktuelle Entwicklungen reagieren. Diese Verbindung könnte nicht nur die Präzision erhöhen, sondern auch neue Perspektiven auf das Wahlverhalten eröffnen. „Klassische Umfragen liefern wertvolle demografische und psychografische Daten, während Plattformen wie Polymarket Echtzeit-Insights bieten. Diese beiden Welten zu verbinden, könnte zu präziseren und aussagekräftigeren Voraussagen führen.“

Ein solcher Ansatz könnte auch helfen, die Schwächen beider Systeme auszugleichen. Während klassische Umfragen oft zu statisch sind, fehlt es Prognosemärkten manchmal an breiter gesellschaftlicher Abdeckung. Gemeinsam könnten sie ein umfassenderes Bild der politischen Stimmung zeichnen und gleichzeitig schneller auf neue Entwicklungen reagieren. Besonders für die Wahl 2025, in der Robert Habeck von den Grünen als Kanzlerkandidat auftreten könnte, wird erwartet, dass ein solcher Ansatz hilfreich sein könnte.

Wie Demoskopie das Wählerverhalten und politische Stimmung beeinflusst

Ein oft unterschätzter Aspekt der der Wählerforschung ist ihre direkte Wirkung auf das Wahlverhalten. Besonders unentschlossene Wähler und Nichtwähler können durch die Veröffentlichung von Wahlumfragen beeinflusst werden.

Ein klassisches Beispiel ist der sogenannte Bandwagon-Effekt: Wähler tendieren dazu, sich der vermeintlichen Mehrheitsmeinung anzuschließen. Studien haben gezeigt, dass Parteien, die in Umfragen zur Bundestagswahl als führend dargestellt werden, einen Zuwachs an Stimmen erhalten können. Dr. Neumann bemerkt hierzu: „Gerade in eng umkämpften Wahlkreisen kann dieser Effekt den Ausschlag geben.“

Andererseits kann Wahlforschung auch einen gegenteiligen Effekt haben, den sogenannten Underdog-Effekt. Hierbei mobilisieren schlechte Umfragewerte die Anhänger einer Partei, ihre Wahlentscheidung als Protest gegen den Mainstream zu verstehen. Ein Beispiel dafür war die Bundestagswahl 2021, bei der Olaf Scholz von einem anfänglichen Tiefpunkt zu einem Sieg geführt wurde.

In Deutschland spielt ein weiterer Faktor eine Rolle: die Mobilisierung von Nichtwählern. Umfragen, die ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Parteien anzeigen, haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass bisher unentschlossene oder demotivierte Bürger ihre Stimme abgaben, um das Ergebnis zu beeinflussen. Alice Weidel, Co-Vorsitzende der AfD, hat wiederholt darauf hingewiesen, wie entscheidend die Mobilisierung dieser Wählergruppe ist. „Der Effekt von Umfragen auf Nichtwähler wird oft unterschätzt“, sagt Feldmann. „Gerade bei Bundestagswahlen sehen wir, wie sich die Wahlbeteiligung durch strategische Kommunikation rund um Umfragewerte steigern lässt.“ So kann die aktuelle politische Stimmung umschlagen und aus fünf Prozent werden 15 Prozent.

„Wahlen sind der Moment, in dem eine Gesellschaft ihrem Selbstbild begegnet“, sagte einst Roger Willemsen. Diese Aussage unterstreicht, dass jede Wahl nicht nur eine Entscheidung über Programme und Kandidaten ist, sondern auch eine Reflexion der sozialen und kulturellen Spaltungen sowie der gemeinsamen Werte innerhalb der Gesellschaft. Besonders in Zeiten von Unsicherheit und Polarisierung gewinnen diese Worte an Bedeutung. Dennoch bleibt die Frage: Wie objektiv sollten Umfragen in der medialen Berichterstattung genutzt werden? Kritiker argumentieren, dass die ständige Betonung von Trends die demokratische Entscheidungsfindung verzerren könnte. „Wir müssen uns fragen, ob die permanente Veröffentlichung von Umfragen die Wähler informiert oder manipuliert“, meint Neumann. Sie plädiert für einen verantwortungsvolleren Umgang mit Umfrageergebnissen, insbesondere in den letzten Wochen vor der Wahl.

Polymarket und Co.: Die Weisheit der Masse

Im Gegensatz zu klassischen Umfragen setzen Plattformen wie Polymarket, PredictIt und Augur auf Prognosemärkte. Diese nutzen die Weisheit der Masse, indem sie Teilnehmern finanzielle Anreize bieten, ihre Einschätzungen möglichst genau abzugeben. Die kollektiven Entscheidungen der Nutzer spiegeln sich in Marktpreisen wider, die die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Wahlausgangs darstellen.

Ein beeindruckendes Beispiel ist Polymarket’s Prognose zur US-Zwischenwahl 2022. Während viele Umfragen inkonsistente Ergebnisse lieferten, zeigte die Plattform eine klare Tendenz zugunsten der Republikaner, die sich letztlich bewahrheitete. Sie wurden stärkste Kraft auch im Kongress. PredictIt wiederum hat sich bei den Vorwahlen 2020 als erstaunlich präzise erwiesen und erkannte früher als klassische Wahlumfragen die Aufholjagd von Kandidaten wie Joe Biden.

Diese Tools erweisen sich nicht nur als präzise, sondern auch als schnell. „Prognosemärkte reagieren in Echtzeit auf neue Entwicklungen und bieten damit eine Aktualität, die klassische Methoden nicht erreichen“, erklärt Feldmann. Insbesondere bei kurzfristigen Ereignissen wie Debatten oder Skandalen sind solche Plattformen den traditionellen Umfragen überlegen.

Status quo und neue Ansätze

Auch in Deutschland spielt Marktforschung zur Wahl eine zentrale Rolle. Wichtige Institute wie die Forschungsgruppe Wahlen oder Infratest dimap prägen nicht nur die mediale Berichterstattung, sondern beeinflussen auch die Strategien der Parteien. Besonders auffällig war dies bei der Wahl 2021. Die anfängliche Dominanz der Union in den Statistiken bröckelte, während Olaf Scholz von der SPD an Fahrt aufnahm. Diese Verschiebung spiegelte sich nicht nur in den Ergebnissen wider, sondern prägte auch die Dynamik des Wahlkampfs.

Doch klassische Umfragen haben auch hierzulande mit Problemen zu kämpfen. Die wachsende Zahl unentschlossener Wähler, die Fragmentierung der Parteienlandschaft und die zunehmende Nutzung digitaler Kommunikationsmittel erschweren die Arbeit der Institute. Dietmar Bartsch von der Linkspartei unterstreicht hierbei, dass seine Partei durch gezielte Ansprache dieser Wählergruppen neue Impulse setzen möchte. „Die traditionellen Methoden sind schlicht nicht mehr ausreichend, um die Komplexität moderner Wählerentscheidungen abzubilden“, so Neumann.

Gefährdet die klassische Demoskopie die Demokratie?

Die klassische Demoskopie ist nicht nur unzureichend, sie gefährdet die Demokratie, indem sie Trends verstärkt, statt sie zu analysieren. Stefan Mannes, Geschäftsführer der Kreativagentur kakoii Berlin, vertritt diese provokante These und fordert einen kritischen Umgang mit Umfrageergebnissen, die weit mehr Einfluss haben, als vielen bewusst ist.

„In einer Zeit, in der Wahlentscheidungen oft kurzfristig getroffen werden, wirken Umfragen wie eine selbsterfüllende Prophezeiung“, erklärt Mannes. Der Bandwagon-Effekt führt dazu, dass sich Wähler der vermeintlichen Mehrheitsmeinung anschließen, während der Underdog-Effekt dazu beiträgt, radikale oder populistische Kandidaten zu mobilisieren. Das Bündnis Sarah Wagenknecht (bsw) ist hier ein gutes Beispiel. „Anstatt die Realität abzubilden, schaffen Umfragen eine neue Realität“, warnt Mannes.

Er rät seinen Klienten, sich strategisch von klassischen Sonntagsfragen zu distanzieren und auf neue Methoden wie Prognosemärkte zu setzen. „Prognosemärkte bieten eine dynamischere und ehrlichere Perspektive auf das, was Wähler tatsächlich denken“, argumentiert Mannes. Gleichzeitig fordert er eine stärkere Regulierung der medialen Nutzung von Umfragedaten: „Es darf nicht sein, dass Wählerforschung die demokratische Entscheidungsfindung manipulieren, anstatt sie zu unterstützen.“

Diese These stellt nicht nur die Demoskopie, sondern auch die politische Kommunikation auf den Prüfstand. Parteien, so Mannes, müssen lernen, mit Unsicherheiten umzugehen und Transparenz zu fördern, um das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen. „Nur durch einen bewussten Umgang mit Daten können wir die Integrität der Demokratie schützen.“

Ein Blick in die Zukunft des Wahljahrs 2025

Die Bundestagswahl 2025 steht nicht nur vor der Herausforderung, neue Methoden der Demoskopie zu erproben, sondern auch die tiefen Gräben innerhalb der Gesellschaft und der Parteienlandschaft zu überwinden. Eine zersplitterte politische Landschaft, geprägt von Konflikten zwischen progressiven und konservativen Kräften, macht die Wahl zu einer Bewährungsprobe für die Demokratie. Parteien wie die SPD mit Olaf Scholz oder die CDU unter Friedrich Merz kämpfen nicht nur um die Gunst der Wähler, sondern auch um die Deutungshoheit über zentrale Themen wie soziale Gerechtigkeit, Klimapolitik und wirtschaftliche Stabilität.

Hinzu kommt die zunehmende Polarisierung unter den Bürgern, die nicht zuletzt durch soziale Medien und populistische Strömungen verstärkt wird. Politikberater wie Stefan Mannes stehen vor der Aufgabe, nicht nur Prognosen zu erstellen, sondern auch Brücken zwischen den unterschiedlichen gesellschaftlichen Lagern zu schlagen. „Es geht nicht nur darum, die Zukunft vorherzusehen“, betont Mannes. „Die eigentliche Arbeit liegt darin, Menschen wieder in den Dialog zu bringen und Vertrauen in politische Prozesse zu schaffen.“

Die Wahl 2025 wird somit mehr als eine Wahl – sie wird ein Test für die Widerstandskraft der deutschen Demokratie und die Fähigkeit, in einer Zeit der Spaltung gemeinsame Lösungen zu finden. Langfristig könnte das Ergebnis wegweisend sein für die politische Kultur Deutschlands: Es geht darum, ob und wie sich die Parteienlandschaft in einem fragmentierten System stabilisieren kann und ob es gelingt, die Kluft zwischen den Bürgern zu überwinden. Für Politikberater ist dies eine doppelte Herausforderung – es reicht nicht, nur die Wählertrends zu analysieren, sondern es müssen auch Wege gefunden werden, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Das Ergebnis wird zeigen, ob es gelingt, nicht nur Stimmen, sondern auch Herzen und Köpfe zu gewinnen.

 

Quellen und Websites

Polymarket: https://www.polymarket.com

PredictIt: https://www.predictit.org

Augur: https://www.augur.net

Infratest dimap: https://www.infratest-dimap.de

Forschungsgruppe Wahlen: https://www.forschungsgruppe.de

 

Gerne empfehlen wir uns in diesem Zusammenhang auch als Public Affairs Agentur und Agentur für Politikberatung und politische Kommunikation.

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