Wen wollen auf Schockeffekte setzende Anti-Aids-Kampagnen eigentlich erreichen?
Wen wollen auf Schockeffekte setzende Anti-Aids-Kampagnen eigentlich erreichen? Nicht diejenigen, die sie erreichen sollten, meint Stefan Mannes, Geschäftsführer von kakoii in Berlin.
Anti-Aids-Kampagnen sind klassische Spielwiesen für Agenturen: Die Kombination aus Sex und Bedrohung ist dafür prädestiniert, sich kreativ auszutoben. So entstehen die Opfer diffamierenden Schockmotive, in denen Mütter Kinderwagen in Sargform herumfahren (Jung von Matt für die Michael Stich Stiftung), oder seltsame Penis-Diktatoren wie in der .start-Kampagne für die Münchner Aids-Hilfe e.V.; Adressat ist in solchen Fällen die Jury von Kreativpreisen – schließlich versenden die Agenturen die Pressemitteilungen, nicht die Präventionsinstitutionen.
Es stimmt, dass, wie in der Kampagne der Münchner Aids-Hilfe anvisiert, schwule Männer mit hohem Risikoverhalten derzeit zu den Hauptzielgruppen der Aidsprävention gehören. Dass die Plakate diese Zielgruppe – mit dem Hinweis auf angebliche Triebgesteuertheit – nicht auf adäquate Schutzstrategien, sondern auf ein Testangebot hinweisen sollen, erschließt sich jedoch nicht. Man gewinnt den Eindruck, dass das Thema Aidstest aus dem Briefing ins Kleingedruckte gerutscht ist, weil die Diktatoren-Idee so sehr gefiel.
Wirksame Prävention sieht zumeist langweiliger aus – dafür wirkt sie nachweislich, wenn sie wissenschaftlich begleitet und bei Zielgruppen getestet wird. Sie arbeitet entweder mit Role Models oder mit der Darstellung von Entscheidungssituationen. Eine der unscheinbarsten Aids-Präventions-Kampagnen ist übrigens zugleich die erfolgreichste. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung propagiert mit ihrer „mach’s mit“-Kampagne seit Jahren Kondomnutzung als sichersten Selbstschutz – mit Kondomen über Obst und Gemüse. Unter Werbern wird sie meist belächelt, weil ohne Provokation und all die raffinierten Kniffe, die ADC-Juroren beeindrucken. Aber über 90 Prozent der Deutschen kennen die Motive, 2008 erreichten die Kondomverkaufszahlen ein Rekordniveau. Im selben Jahr stiegen auch erstmals die Infektionszahlen nicht mehr.
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