Safe Design
Wie viel Sicherheit verträgt Design? Die vielen Schubladen, die wir zu unserer Sicherheit für unsere Meinungen im Leben und im Design haben, bedeuten sie nicht das Ende für jede Fortentwicklung? Wenn wir fremde Länder bereisen, fühlen wir uns berechtigt, uns für Dinge zu begeistern, die wir in unserem Land abwerten würden. Wenn Rot plötzlich Grün bedeutet und ja eigentlich nein, wenn das Wasser sich beim Ablaufen im Abfluss in die entgegengesetzte Richtung dreht, sind dann auch sämtliche Werte des Designs konträr? Und dennoch richtig? Plötzlich wird einem klar, dass an verschiedenen Orten unterschiedliche Wahrheiten existieren.
Mir selbst hat das Leben in anderen Kulturen geholfen, mich von den so selbstverständlichen Designdogmen unseres Kulturkreises zu lösen. Warum? Wenn man die Landessprache nicht beherrscht und sich nicht „korrekt“ in der fremden Kultur verhalten kann, ist man plötzlich auf seinen Instinkt angewiesen. Das Reisen erlaubt uns, ohne ständige Reglementierung zu erfühlen, was wir selbst empfinden. Wir entwickeln unsere Instinkte wieder. Fernab von jeder Sicherheit, ohne beobachtet und beurteilt zu werden. Genau diesen Instinkt benötigen wir, um uns bei jeder Designaufgabe, neu zu orientieren. Zielgenau und doch offen für Kritik, mit der Energie, es immer noch besser zu machen, die jeweilige „Wahrheit“ zu erfassen, anstatt seinen sicheren Stil zu etablieren. Offenheit statt Sicherheit. Aber viel wichtiger, als „richtig“ zu gestalten, ist es, passioniert zu gestalten. Passion kann aber nicht beim strikten Befolgen aller „von wem auch immer aufgestellten“ Regeln entstehen. Fuck the Dogma.
Thekla Heineke, Geschäftsführerin Kreation bei kakoii in der PAGE 08/06.